Angenagte Fische, Markierungen auf Buhnen und das verschwinden kapitaler Laichfische. Die Spuren des Otters sind im Revier allgegenwärtig. Jetzt beweisen erstmals Videoaufnahmen das Vorkommen.
Er ist gekommen um zu bleiben. An Flüssen und Teichen überall in Niederösterreich ist der Fischotter zurück – und stellt die Bewirtschafter vor Probleme. Wie umgehen mit den Raubtieren? Einerseits ist natürlich der Naturschutz zu verstehen, der sich über das Aufkommen der einst verschwundenen Art freut. Andererseits sind nicht nur Otter schützenswerte Tiere. Auch Fische, deren Populationen stark unter druck geraten sind, bedürfen unseres Schutzes. Beide Aussagen stimmen, und somit handelt es sich hier um einen klassischen Interessenskonflikt.
Mancherorts sind die Flüsse vom Otter regelrecht leergefegt. In anderen Revieren ist das Raubtier ebenfalls heimisch, verursacht aber weit weiger Probleme. Bei einem Gespräch mit einem Bewirtschafter eines „Otterreviers“ an der Thaya im Waldviertel meinte dieser unlängst, dass sich der spürbare Schaden bei ihm in Grenzen hält, und eigentlich akzeptabel sei. Nur wenige Kilometer entfernt am Kamp schilderte ein Bewirtschafter wiederum apokalyptische Szenarien vom völligen Ausrotten einiger Fischarten durch den Otter.
Dabei fällt auf: Je naturnäher das Revier ist, desto weniger Probleme. Wenn die Fische Strukturen, Fluchtmöglichkeiten vorfinden, dann scheint eine halbwegs friedliche Koexistenz möglich. in Abschnitten mit begradigten Ufern hat der Otter aber leichtes Spiel. Er kann sich sinnbildlich gemütlich die Serviette umbinden und einen Flussabschnitt ausjausnen. Die Fische haben kaum Chancen zu entkommen.
Auch im Revier Grosse Tulln I/1 haben sich zuletzt die Spuren des Otters gehäuft. Bei Unterwasseraufnahmen ist die Mehrzahl der Fische verletzt oder angenagt. Auf markanten Stellen wie Steinbuhnen findet sich massenweise Otterkot. Der Wassermarder markiert so sein Revier. in den Exkrementen finden sich Fischgräten und Wirbel. Und besonders stark sind die indirekten Spuren im oberen Revierteil oder in kleinen zubringern. Noch vor wenigen Jahren fing man dort teils in winzigen Rinnsalen Forellen bis 50 Zentimeter, sobald eine geeignete Gumpe vorhanden war. Heute wimmelt es im oberen Revierteil zwar noch vor Wienerwaldforellen – allerdings bis etwa zu einer Größe von 25 Zentimetern. Größere Tiere fehlen inzwischen völlig. Auch hier ist der Otter einer der Hauptverdächtigen.
Was wir anhand dieser Spuren zwar wussten aber nicht beweisen konnten, ist nun klar. Der Otter ist im Revier Grosse Tulln und in den Zubringern angekommen. Beim Angeln mitten in Neulengbach konnte ich eines der Tiere filmen. Am hellichten Tag, an einer von Spaziergängern stark frequentierten Strecke. Wie viele Tiere es sind, ist schwer zu schätzen, aufgrund der rund 160 Kilometer Gewässernetz (Mit Zubringern) im Revier müssen es aber einige Exemplare sein.
Wie also umgehen mit der neuen art im stark regulierten Flusslauf. Natürlich sind „Entnahmen“, also die gezielte Bejagung, unpopulär. Andererseits kann man auch nicht zusehen, wie andere stark gefährdete Arten wie Fische, für deren Erhalt Millionen Euros ausgegeben werden, durch eine andere Art ausgerottet werden. Es muss ein Gleichgewicht hergestellt werden. In Stark regulierten Flüssen wie der Grossen Tulln, kann die Antwort nur lauten: Man muss den Lebensraum wieder naturnäher machen. Strukturen, Aufweitungen, Fischaufstiege, über welche Schwärme aus der Donau zuwandern – all das ist dringend notwendig, um die stark geschwächten Fischpopulationen zu erhalten, ohne den Otter erneut stark zu bejagen.
Pingback: Äschen, Otter, Fischrettungen, Umweltschutz und dicke Forellen: Das war 2022 im Revier – Fischereirevier Grosse Tulln I/1