Befischung: Schwärme von Donaufischen und drei neue Arten gefangen (Mit Video)

Die Wissenschaftler vom Büro „Pro Fisch“ bei der Arbeit. Eine starke Nase springt vor dem Stromgerät.

„Wenn man den Fluss von aussen sieht, erwartet man nicht, dass hier so viele Arten und eine so hohe Biomasse vorhanden sind.“ Selbst Dr. Michael Schabuss vom Büro „Pro Fisch“ war vom Ergebnis einer Elektro-Befischung der Grossen Tulln überrascht. Der Limnologe und sein Team befischten am 15. September 2020 120 Meter Flusstrecke unterhalb der Brücke in Siegersdorf und registrierten die Fänge.

Video: Das ging bei der Abfischung in die Kescher

Eindrucksvoll, wie die starken Nasen vor den E-Geräten in die Luft sprangen und dicke Barben ins Netz gingen. Die Wissenschaftler gingen dabei sehr schonend vor, nicht ein einziger von hunderten gefangenen Fischen starb bei der Aktion.

Die gefangenen Fische wurden in Becken mit Sauerstoffzufuhr bis zur Vermessung gehältert.

Die Hauptarten, die bei der Befischung nachgewiesen wurden, waren Aitel, Schneider und erstaunlicher Weise der Bitterling. Michael Schabus: „Das war insoferne eine Überraschung, da der kleine Fisch auf die Flussmuschel zur Fortpflanzung angewiesen ist, da er in ihr ablaicht. Sein großes Vorkommen deutet auch auf große Muschelbestände hin.“

Überraschungsgast Bitterling deutet auf Muscheln hin

Neben dem Bitterling, dessen Vorkommen im Revier bislang nicht bekannt war, wurden auch zwei weitere neue Fischarten erstmals in diesem Bereich nachgewiesen. Das Rotauge und der Weißflossengründling. Letzterer ist ein Indikator dafür, dass die Durchgängigkeit zur Donau gegeben ist. Bachforellen und Barsche vertraten die Gattung der Räuber. Ein großer Schied, wie er zuletzt unweit der Stelle gefangen wurde, war allerdings nicht in den Keschern.

Eine dicke Barbe wird vermessen und gewogen.

Auch das Vorkommen von Nasen und Barben war eine positive Überraschung. Michael Schabus: „Wir haben bei beiden Arten sowohl große Tiere als auch mittlere und kleine, also mehrere Generationen festgestellt. Das ist insoferne erstaunlich, da sich in Zubringern die großen Individuen oft nur im Frühjahr zum Laichen aufhalten und dann wieder verschwinden. Dass hier so viele im September gefangen werden, ist erstaunlich.“

Limnologe Dr. Michael Schabus: „Es bringt die Durchgängigkeit nichts, wenn ich den aufsteigenden Fischen keine Lebensräume biete“

Erster Befund: Wehrrückbauten höchst erfolgreich

Die Ergebnisse der Befischung werden im Frühjahr veröffentlicht. Vorab fasst Schabus aber bereits zusammen, dass die Durchgängigkeit zur Donau einen überraschend positiven Effekt auf die Fischbestände hat. 2019 wurden zwei Wehranlagen in Abstetten und Plankenberg rückgebaut, seither wandern Donaufische wie Nasen und Barben massenhaft zu um hier zu laichen.

Limnologe: „Vom Pfui ins Gack – Keine Durchgängigkeit ohne Strukturverbesserung“

Trotzdem brauche es aber nicht nur weitere Wehrrückbauten, sondern auch weitere Strukturmaßnahmen. Schabus: „Es bringt wenig, wenn der Fisch vom Pfui ins Gack aufsteigen kann. Es braucht mehr Habitate, Laichmöglichkeiten, Unterstände für Jungfische und Winterunterstände, damit die Situation besser wird. In diesem Bereich ist der Fluss extrem begradigt und viele Lebensräume fehlen. Auch das Flussbett ist extrem grobkörnig, zum Laichen würden die Fische feinere Kiesbänke benötigen.“

Auch schöne Bachforellen finden sich im unteren Abschnitt des Reviers.

Die nächsten Maßnahmen an der Grossen Tulln sollen laut Land Niederösterreich die Rückbauten der Wanderhindernisse bei den Wehren in Siegersdorf und Asperhofen sein. Die Fischerei wird sich bemühen, im Zuge der Arbeiten mit Hilfe des Landesfischereiverbandes vielleicht auch die eine oder Andere Strukturierungsmaßnahme umzusetzen. Denn man sieht: Die Fische wandern in Schwärmen aus der Donau zu. Jetzt müssen sie nur noch geeignete Unterstände und Laichbänke vorfinden. Um mit Dr. Schabus zu sprechen: ein wenig mehr „Hui“ und weniger „Pfui“ tut dem stark regulierten Flussabschnitt sicher gut.

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