Neue Häuser für Fische – Angler schaffen Lebensraum

Neue Häuser für Fische – Angler schaffen Lebensraum

Donaufische wandern massenhaft in den Oberlauf der Großen Tulln. Nun bekommen die Schwärme neue „Häuser“.

An der Großen Tulln in Plankenberg rollten im November wieder die Bagger. Nach der Fertigstellung des Fischaufstieges wird nun ein kleiner  Bereich oberhalb renaturiert. Insgesamt entstehen fünf Buhnen, welche Lebensraum für die neu zugewanderten Donaufische bieten sollen. Eine Buhne ist mehr oder weniger ein großer Steinhaufen, der im Bachbett eingegraben wird. In den Ritzen zwischen den Steinen finden Fische Unterschlupf und können sich vor Räubern wie Fischottern oder Kormoranen verstecken. Unterhalb der Buhnen bilden sich Kolke, also tiefe Stellen im Fluss, in denen die Fische in trockenen Sommermonaten überleben können. Hinter diesen Kolken wiederum entstehen Kiesbänke, die verschiedenen Fischarten als Laichplätze dienen.

Fischer zahlen die neuen Bauwerke

Diese Renaturierungsmethode wurde bereits an mehreren stark regulierten Flüssen erfolgreich eingesetzt. Sie ist hochwasserneutral und relativ günstig. Die Gesamtkosten für dieses Projekt betragen rund 10.000 Euro. Dabei wird der Steuerzahler nicht beastet. Zehn Prozent übernimmt der Fischpächter Friedrich Brückler. Die restlichen 90 Prozent fördern Landesfischereiverband und Revierverband. Diese Gelder stammen aus Beiträgen, welche durch die jährliche Gebühr von Fischerkartenbesitzern bezahlt werden.

Große Tulln: Eine Erfolgsgeschichte

Insgesamt ist die Renaturierung der Großen Tulln im Jahr 2019 eine Erfolgsgeschichte. Nach der Entfernung eines großen Wehres in Abstetten und der Errichtung des Fischaufstieges in Plankenberg können Fische ungehindert von der Donau bis Siegersdorf ziehen. Im Frühjahr wanderten hunderte Fische zu, auch Schwärme der inzwischen sehr seltenen Nasen kamen um hier abzulaichen. Inzwischen wurden in diesem Flussabschnitt fünf Fischarten nachgewiesen, die zuvor nicht vorkanem. Neben Nase, Barbe und Hecht gibt es nun auch Flussbarsche, Lauben und die Schwarzmundgrundeln. Jan Köck vom gewässerökologischen Planungsbüro Eberstaller: „Derzeit sind in diesem Flussabschnitt 16 Fischarten nachgewiesen. Einige Kilometer unterhalb in Judenau sind es 23 Arten. Es werden also noch einige neue Arten dazukommen.“

Wehr in Siegersdorf stoppt Laichzüge
Die große Menge an zugewanderten Donaufischen zeigt, wie wichtig es wäre die restlichen Wehre in der großen Tulln rasch zu zu entfernen. Der oberlauf der Großen Tulln ab dem Sportplatzwehr in Neulengbach bis Laaben ist seit Jahren frei passierbar. Nur im Mittellauf blockieren noch ungenutzte Anlagen in Siegersdorf, bei der Ölmühle und beim Sportplatz in Asperhofen, in Emmersdorf, bei der Scharfbrücke und beim Sportplatz in Neulengbach die Fischwanderung. Laut EU-Wasserrahmenrichtlinie müssen diese bis spätestens 2025 entfernt sein. Dann können die Fische aus der Donau wieder ungehindert ihre Laichgründe im Oberlauf der Großen Tulln erreichen.

Berichterstattung der Bezirksblätter
Nasen-Alarm! Seltene Fische kehren in die Tulln zurück!

Nasen-Alarm! Seltene Fische kehren in die Tulln zurück!

Es sind Szenen, wie man sie sonst nur aus Dokus über die Lachswanderung in Kanada kennt: Dutzende große Fische schwimmen dicht an dicht, schaufeln mit ihren Schwanzflossen kleine Kiesbänke um und rollen ihre Bäuche mit den feuerroten Brustflossen immer wieder aus dem Wasser. Um dieses Naturschauspiel zu beobachten braucht man keinen Transatlantikflug zu buchen. Am 26. März spielten sich diese beeindruckenden Szenen in der Großen Tulln bei Plankenberg ab.

Schwarm seltener Nasen in unbekannte Gewässer vorgedrungen
Die großen Fische mit den roten Flossen, die aus der Donau 15 Kilometer weit flussauf gezogen sind, waren allerdings keine Lachse. Besser noch, es waren extrem seltene Nasen. Diese Fische waren an der großen Tulln seit Jahrzehnten ausgestorben. Große Querbauwerke wie das Wehr der aufgelassenen Stögermühle in Abstetten oder jenes der Sägemühle in Plankenberg verhinderten, dass die Tiere ihre natürlichen Laichgründe erreichen. Heuer konnten sie erstmals wieder in ihre natürlichen „Kinderzimmer“ zurückkehren. Im Jänner wurde das Wehr in Abstetten entfernt, im März wurde der Fischaufstieg in Plankenberg um insgesamt 560.000 Euro fertiggestellt. 

Selbst Experten überrascht: Baumaßnahmen ein voller Erfolg
Dass es so schnell geht und die Nasen in derart großer Zahl gleich Ende März zurückkehren, überrascht selbst Experten. Wissenschaftler sehen die wertvolle Rolle der großen Tulln als Laichgewässer für Donaufische bestätigt.
Gewässerökologe Jan Köck, Planer des Fischaufstieges in Plankenberg: „Manchmal geht es ganz schnell, dass Investitionen Früchte tragen. Nach der Beseitigung der Wehr in Abstetten und dem Umbau der Wehr in Plankenberg können Fische wieder von der Donau in die Große Tulln bis nach Asperhofen einwandern und tun das auch! Damit ist ein wichtiger erster Schritt zu einem funktionierenden Ökosystem geglückt, von dem letztlich alle profitieren. Es ist sehr zu hoffen, dass diese Erfolge dazu beitragen, dass bald weitere Maßnahmen umgesetzt werden können.“

Große Tulln: Einzigartiges Potenzial zum Naturjuwel
Wie wichtig die große Tulln für das Ökosystem Donau ist, zeigt ein Detail: Fast an allen anderen Zubringerflüssen bestehen noch Wanderhindernisse, weil deren Wasser zur Energiegewinnung genutzt wird. Die unbeständigen Wassermengen an der Großen Tulln machen eine wirtschaftliche Nutzung nicht lukrativ, somit ist der Fluss weit und breit der einzige, der für Laichfische ungehindert passierbar wäre. Theoretisch. Denn noch blockieren alte ungenutzte Wehre in Siegersdorf, bei der Ölmühle und beim Sportplatz in Asperhofen, in Emmersdorf, bei der Scharfbrücke und beim Sportplatz in Neulengbach den weiteren Aufstieg. 

Letzte Wanderhindernisse müssen bis 2022 entfernt werden
In den kommenden Jahren sollen diese Anlagen ebenfalls passierbar gemacht werden. Bis 2022 schreibt die EU-Wasserrahmenrichtlinien den Rückbau vor. Schon bald könnte also die Große Tulln von der Mündung bis zum Ursprung in Laaben für Fische frei passierbar sein. Damit ist es allerdings noch nicht getan. Denn nur wenn die Fische dann auch einen geeigneten Lebensraum im sehr stark regulierten Flussbett vorfinden, machen die Rückbauten erst Sinn. Mit ökologischen Verbesserungen für die Fließsstrecken und bereits verwirklichten Projekten wie dem Schauberger-Park in Neulengbach könnte so ein Naturjuwel von besonderer Bedeutung direkt vor unserer Haustüre entstehen.