Mit Video: Notbefischung im Jänner 2022: Tausende Fische vor Baggern gerettet

Am 10. jänner 2022 ist es leider soweit: Nach jahrelangem Rechtsstreit wird mit dem Rückbau der Renaturierungsstrecke im sogenannten „Schaubergerpark“ in Neulengbach begonnen. Eine Notabfischung mit Elektro-Aggregaten wurde daher kurz vor den Bauarbeiten notwendig und unter großem Aufwand und Anstrengungen vom Team des Fischereirevieres Grosse Tulln I/1 durchgeführt. (Siehe Video unten)

Video: So lief die Notabfischung: Bevor die Bagger kamen, konnten tausende Fische gerettet werden.

In den vergangenen Jahren hat sich die letzte freie Fließsstrecke an der Grossen Tulln zu einer wilden Naturlandschaft entwickelt. Aus fischereilicher Sicht optimale Strukturen sind entstanden: Tiefe Kolke mit Totholz als Unterstände für Fische. Überströmte Schotterbänke, die von den Wienerwald-Stämmen der Bachforelle zum Laichen verwendet werden.

Die letzte freie Fließstrecke an der Grossen Tulln muss nun nach einem Gerichtsbeschluss rückgebaut werden.

Im Vorjahr konnten Entscheidungsträger davon überzeugt werden, die gerichtlich angeordneten Arbeiten am Rückbau nicht während der Schonzeit der Bachforelle durchzuführen. Denn genau an jenen Stellen, an denen die Bagger eingreifen werden, liegen Laichplätze der Bachforelle, die in diesem Video dokumentiert wurden. Geplant war, die Arbeiten Ende März, nach dem Schlüpfen der Fischlarven zu beginnen.

Bedauerlich: Die Arbeiten werden an jenen Stellen durchgeführt, wo die Bachforellen laichen. Eine ganze Generation ist verloren.

Doch auch ein anderes Tier nutzt das Naturgelände als Kinderstube. Ein brütendes Eisvogelpärchen verhinderte die Bauarbeiten über den Sommer. In letzter Konsequenz mussten die Behörden entscheiden, welches seltene Tier mehr Überlebensrecht hat. Die bedrängte Bachforelle oder der seltene Eisvogel. Die Entscheidung fiel auf den Eisvogel, und so werden die Bauarbeiten nun in der fischereilich sensibelsten Schonzeit durchgeführt. Eine ganze Generation an Bachforellen geht dadurch über viele Kilometer verloren.

Es soll hier nicht die Forelle gegen den Eisvogel ausgespielt werden. Beide Arten sind in Bedrängnis und bedürfen unseres Schutzes. Allerdings fallen diese Entscheidungen allzu oft gegen den Schutz der Fische aus. Fische sind stumm, glitschig, man sieht sie in den seltemsten Fällen. Sie sind nicht possierlich wie Otter, nicht so elegant wie Reiher und nicht so prächtig wie Eisvögel. Aber während all diese Fischfresser höchsten Schutz genießen, wird auf die Interessen der Fische oft nicht der selbe Wert gelegt.

Die Strukturen stellten für das Befischungs-Team eine anstrengende Herausforderung dar.

Wie dem auch sei: Bei den beschwerlichen Abfischarbeiten konnten tausende Exemplare gerettet werden. Schneider, Aitel, Gründlinge, Schmerlen, Rotaugen und wunderschöne Forellen wurden betäubt, gekeschert, in Kübeln zu Hälterfässern gebracht, per Anhänger an mehrere Stellen zwischen St. Christophen und Innermanzing gefahren und dort wieder ausgesetzt. Trotz der Menge der gefangenen Fische fiel aber eine Tatsache auf: Große Muttertiere fehlten völlig.

Tausende Fische wurden umgesetzt. Große Muttertiere wurden aber nicht gefangen.

Da die Strukturen in diesem Bereich an sich perfekt sind und das Gelände fischereilich kaum genutzt wird, gibt es dafür nur eine logische Erklärung: Der Raubdruck in diesem Flussabschnitt ist größer als es die Struktur hergibt. Unter optimalen Bedingungen müssten alle Tiere überleben können: Fische und deren Räuber. Im größtenteils hart regulierten Oberlauf der Grossen Tulln, reichen die wenigen naturnahen Stellen aber offenbar nicht aus, um ein Überleben größerer Fische zu sichern.

Bescheidene Strukturen im an die Donau angebundenen Revierteil mit großer Wirkung

Das Ergebnis der Fischerei zeigt wieder deutlich, wie wichtig die Durchgängigkeit der Flüsse ist. Denn während im unteren Revierteil große Schwärme an Laichfischen in spektakulären Zügen aus der Donau zuziehen (siehe Video), obwohl die Struktur dort wirklich bescheiden ist, sieht man wie selbst beste Strukturen, die nicht ans Gewässerkontinuum angebunden sind, rasch ausdünnen.

Das Wehr in Asperhofen ist denkmalgeschützt. Wird es rückgebaut, sind mit wenig Aufwand große Teile des Flusses an die Donau angebunden.

Aus diesem Grund werden wir vom Fischereirevier Grosse Tulln I/1 weiter Aufmerksamkeit auf die Verbesserung der Durchgängigkeit lenken und innerhalb der bescheidenen Möglichkeiten Strukturverbesserungen in den frei passierbaren Flussstrecken fördern. Auch im Vorjahr kamen wieder einige Kilometer Flusstrecke dazu (Siehe Video). Nun stehen die laichwandernden Donaufische bei einem denkmalgeschützten Wehr in Asperhofen an. Ein Rückbau dieser Anlage hätte enorme positive Auswirkungen, da das nächste Große Wehr erst wieder in Emmersdorf steht. mit einer vergleichsweise kleinen Maßnahme könnte somit ein sehr langer Flussabschnitt an die Donau angebunden werden.

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