Historisch: Nach 100 Jahre laichen Nasen erstmals im Revier Große Tulln I/1

Historisch: Nach 100 Jahre laichen Nasen erstmals im Revier Große Tulln I/1

Das Ei einer Nase auf einem Stein in den neuerrichteten Buhne in Asperhofen.

Ich glaube man muss nicht fischverrückt sein, um zu verstehen dass es etwas Besonderes ist. In den 1920er Jahren wurde die Große Tulln im Raum Asperhofen reguliert. Laichwandernde Fische aus der Donau konnten seit damals nicht mehr in die Region vordringen. Große Wehre versperrten den Weg. Die Populationen an Nasen, Russnasen und Barben begannen genetisch zu veröden und auszusterben.

Video: Auf dieser Furth bei Asperhofen laichten Nasen, Russnasen und Barben.

2021 bauten das Land Niederösterreich, der Wasserverband und der Bund zwei Fischafustiege in Siegersdorf und bei der Ölmühle in Asperhofen. Da die Grosse Tulln der einzig größere Fluss in Niederösterreich ohne bestehenden Kraftwerke oder Mühlen ist, können Fische aus der Donau nun ungehindert rund 20 Kilometer bis Asperhofen aufsteigen. Schon im Vorjahr, nachdem die Fischaufstiege in Abstetten und Plankenberg errichtet wurden, kamen Nasen, Russnasen und Barben in Schwärmen, wie eine Untersuchung des Limnologen Michael Schabuss zeigte.

Die Fischerei konnte insgesamt sieben neue Buhnen mit Kolken und Furthen realisieren.

Trotzdem fehlte es an geeigneten Strukturen. Der Fischforscher formulierte damals knackig: „Es bringt wenig, wenn die Fische vom Pfui ins Gack aufsteigen können.“ Sowas nehmen wir uns zu Herzen. Auf Initiative und aus Mitteln der Fischerei konnten wir insgesamt sieben Buhnen-Kolkstrukturen zusätzlich errichten. Die Buhnen bieten tiefe Unterstände, die Furten oberhalb idealen Platz zum Laichen.

Barben beim Laichen 2022.

Der Aufwand war von erfolg gekrönt. Schon wenige Monate nach der Errichtung nutzten im Frühjahr 2022 zuerst Nasen, dann Russnasen und schließlich Barben die Strukturen zum Laichen. Ein wirklich historischer Moment. Nun ist das Wehr in Asperhofen das Hindernis, das Fischen den Aufstieg bis Emmersdorf versperrt. Derzeit sind Planer in Verhandlungen mit dem Denkmalschutz, wie das Wehr rückgebaut werden kann ohne das historische Ensemble dabei zu zerstören.

Mega-Schwarm: Barben und Russnasen am Weg ins Fischerreirevier Grosse Tulln I/1

Mega-Schwarm: Barben und Russnasen am Weg ins Fischerreirevier Grosse Tulln I/1

Geschichten, welche die Fischhwärme in der Grossen Tulln enthusiastisch mit der Lachswanderung in Kanada verglichen, wurden hier oft belächelt. Es kann sich eben niemand so richtig vorstellen, welche massen an Donaufischen selbst in hart regulierte Zubringer aufsteigen, wenn Querbauwerke wie Wehre entfernt werden. Jubelmeldungen über Schwärme von Nasen, Barben und Russnasen wurden als Fischerlatein abgetan.

Das Video belegt: Schwärme von hunderten Donaufischen in der Grossen Tulln sind keine Erfindung von enthusiastischen Anglern.

Zeit einmal den Gegenbeweis anzutreten. Und zwar mit echten Videobildern, welche die Dimension belegen. Im Frühjahr 2021 entstanden einzigartige Drohnenaufnahmen des Laichzuges der Donaufische in der Großen Tulln. Während in unstrukturierten Abschnitten kaum Fische zu sehen sind, genügt die kleinste Struktur, damit hunderte Tiere dort Zwischenrast auf ihrem Weg zu den Laichgründen machen.

Die Buhne in Plankenberg von unten: Während nicht strukturierte Abschnitte leer sind, ”türmen“ sich hier die Fische.

Was auch zu beobachten war: Die Fische steigen zwar in wirklich großer Zahl auf, geeignete Stellen zum Ablaichen sind also Mangelware. Es ist also noch einiges an Renaturierungsarbeit zu leisten, um bessere Bedingungen zu schaffen. limnologe Michael Schabuss formulierte es treffend: „Es bringt wenig wenn man nur Querbauwerke entfernt und die Fische dann vom ,Pfui‘ ins ,Gack‘ aufsteigen.“ Wir werden weiter daran arbeiten, dass auch bei den kommenden Rückbauten der Wehre in Siegersdorf und bei der Ölmühle in Asperhofen zusätzliche Strukturen entstehen, welche den Fischen das Laichen ermöglichen und Unterschlupf bieten.